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Titel: Die Errichtung der Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde (1865-1861)

Der Kaufmann Johann Anton Wilhelm Carstenn, der 1865 die beiden Güter Lichterfelde und Giesendorf erworben hatte, schenkte 1871 dem preußischen Militärfiskus 93 Morgen baureif erschlossenes Land (232 500 m2). In der von ihm entwickelten Villenkolonie Lichterfelde sollte eine neue ”Central-Kadettenanstalt“ entstehen.

Da das alte Kadettenhaus in der Neuen Friedrichstraße 13 in der Berliner Innenstadt den Ansprüchen an Unterbringung und Ausbildung des Offiziersnachwuchses nicht mehr entsprach, war seit längerem ein Neubau geplant. Carstenn selbst versprach sich von der Ansiedlung der Kadettenanstalt eine Wertsteigerung der umliegenden Grundstücke. Lichterfelde-West entwickelte sich in der Folge zu einem bevorzugten Wohngebiet, insbesondere für adlige Offiziere.

Der Bau der Hauptkadettenanstalt in Lichterfelde war eines der umfangreichsten militärischen Bauprojekte seiner Zeit. Auf mehr als 23 Hektar Fläche sollten über 20 Bauten für 880 preußische Kadetten entstehen. Die feierliche Grundsteinlegung fand am 1. September 1873 unter Anwesenheit von Kaiser Wilhelm I. statt. Nach den Plänen der Architekten Fleischinger, Voigtel und Bernhard wurde ein aus mehreren Gebäuden bestehendes Ensemble errichtet.

Bild: Das Gelände der ”Haupt-Kadetten-Anstalt“, aufgenommen aus einem Zeppelin in 500 Metern Höhe um 1910. Den Großteil der Anlage nahmen die vier Kasernengebäude ein, die sich symmetrisch rechts und links des Direktionsgebäudes anordneten und dadurch zwei große Innenhöfe bildeten.

Das Gelände der "Haupt-Kadetten-Anstalt", aufgenommen aus einem Zeppelin in 500 Metern Höhe um 1910. Den Großteil der Anlage nahmen die vier Kasernengebäude ein, die sich symmetrisch rechts und links des Direktionsgebäudes anordneten und dadurch zwei große Innenhöfe bildeten.

Bild: Die Kasernengebäude schmückte ein Fries mit Helmen, Masken, Waffen und preußischen Adlern.

Die Kasernengebäude schmückte ein Fries mit Helmen, Masken, Waffen und preußischen Adlern.

Bild: Eingang zu dem in der Mitte des großen Gebäudekomplexes gelegenen Unterrichtsgebäude: auf dem Giebel am Mittelbau Figuren des Bildhauers Drake – eine von Kriegern flankierte Minerva –, darunter die Inschrift ”Martis et Minervae Alumnis“ (den Schülern des Mars und der Minerva) und Medaillonbilder von den Generälen Scharnhorst, Moltke und Roon.

Eingang zu dem in der Mitte des großen Gebäudekomplexes gelegenen Unterrichtsgebäude: auf dem Giebel am Mittelbau Figuren des Bildhauers Drake – eine von Kriegern flankierte Minerva –, darunter die Inschrift ”Martis et Minervae Alumnis“ (den Schülern des Mars und der Minerva) und Medaillonbilder von den Generälen Scharnhorst, Moltke und Roon.

Alle diese Hauptgebäude wurden aus roten Ziegelsteinen gebaut. Bauornamente, die auf die jeweilige Nutzung der Gebäude hinwiesen, verzierten die Fassaden. Den Giebel des Unterrichtsgebäudes schmückte eine lehrende Minerva aus Zinnguss. Bei den Kasernengebäuden konzentrierte sich der Hauschmuck auf den Fries, der im Wechsel Helme, Masken, Waffen und preußische Adler abbildete. Alle Hauptgebäude waren untereinander mit überdachten Gängen verbunden. Auch eine Waschanstalt, die Turn- und die Reithalle, eine Krankenstation sowie Ställe und diverse Wirtschaftsgebäude befanden sich auf dem Gelände.

Als Werner von Siemens ein geeignetes Gelände für eine dem öffentlichen Verkehr dienende Versuchsbahn suchte, stellte ihm Carstenn den Bahnkörper, der bislang zum Transport des Baumaterials für die Kadettenanstalt gedient hatte, zur Verfügung. Am 16. Mai 1881 wurde hier die erste elektrische Eisenbahn der Welt als Straßenbahn vom Bahnhof Lichterfelde-Ost zur Kadettenanstalt in Betrieb genommen.

Bild: Der prunkvoll gestaltete Feldmarschallsaal im Unterrichtsgebäude erstreckte sich über zwei Etagen und diente als Aula und Festsaal.

Der prunkvoll gestaltete Feldmarschallsaal im Unterrichtsgebäude erstreckte sich über zwei Etagen und diente als Aula und Festsaal.

Bild: Die 1 000 Personen fassende evangelische Kirche lag im nördlichen Teil des Direktionsgebäudes im Erdgeschoss, die katholische Kapelle für ca. 150 Personen befand sich im Turm dieses Bauwerks.

Die 1 000 Personen fassende evangelische Kirche lag im nördlichen Teil des Direktionsgebäudes im Erdgeschoss, die katholische Kapelle für ca. 150 Personen befand sich im Turm dieses Bauwerks.

Bild: Das Direktionsgebäude war mit seiner 52,50 Meter hohen Kuppel, dem bis in eine Höhe von 62,35 Meter reichenden Erzengel Michael und dem aufwendigen Bauschmuck das Prunkstück der Kadettenanstalt. Sein Portal bildete gleichzeitig den Eingang zum Gelände.

Das Direktionsgebäude war mit seiner 52,50 Meter hohen Kuppel, dem bis in eine Höhe von 62,35 Meter reichenden Erzengel Michael und dem aufwendigen Bauschmuck das Prunkstück der Kadettenanstalt. Sein Portal bildete gleichzeitig den Eingang zum Gelände.

Bild: Lageplan des Geländes von 1896: Alle Hauptgebäude waren untereinander mit überdachten Gängen verbunden.1) Direktionsgebäude mit Kirche 2) Unterrichtsgebäude 3) Ökonomiegebäude 4) Beamtenhaus 5) Kommandantenhaus 6) Kasernengebäude

Lageplan des Geländes von 1896: Alle Hauptgebäude waren untereinander mit überdachten Gängen verbunden. 1) Direktionsgebäude mit Kirche 2) Unterrichtsgebäude 3) Ökonomiegebäude 4) Beamtenhaus 5) Kommandantenhaus 6) Kasernengebäude

Das Direktionsgebäude auf der Südseite wirkte mit seiner hohen Kuppel, auf der eine Figur des Erzengels Michael thronte, und dem aufwendigen Bauschmuck als Blickfang. In der Gebäudemitte befanden sich eine evangelische und eine katholische Kirche. Das mit vier Statuen der preußischen Könige geschmückte Portal des Direktionsgebäudes war Schaufront und gleichzeitig Eingang zum Gelände.

Vier dreiflügelige Kasernengebäude, rechts und links des Direktionsgebäudes, bildeten zwei große Innenhöfe, die zum Exerzieren genutzt wurden. Am Ende des östlichen Innenhofs stand auf einem Sockel vor dem Kommandantenhaus der Idstedter Löwe, ein Symbol für den dänischen Sieg über Schleswig-Holstein in der Schlacht bei Idstedt im Juli 1850. Nach dem Sieg der Preußen im Deutsch-Dänischen Krieg waren die Überreste des Denkmals 1864 als Trophäe nach Berlin gebracht, restauriert und hier aufgestellt worden. An der westlichen Flanke des anderen Innenhofs standen vor dem Beamtenhaus Reste vom Portal des alten Berliner Kadettenhauses als zweites Denkmal.

Parallel zum Direktionsgebäude schloss sich in nördlicher Richtung das Unterrichtsgebäude der Kadetten an. In ihm befand sich der prachtvoll ausgestattete Feldmarschallsaal, der sich über zwei Stockwerke erstreckte und als Aula und Festsaal diente. Weiter nördlich lag das Ökonomiegebäude mit einem beeindruckenden Speisesaal für 1 000 Kadetten.

Bild: Der Idstedter Löwe (auch Flensburger Löwe genannt) vor dem Kommandantenhaus, aufgenommen um 1900. Das Original kam 1945 nach Kopenhagen, wo es noch heute steht.

Der Idstedter Löwe (auch Flensburger Löwe genannt) vor dem Kommandantenhaus, aufgenommen um 1900. Das Original kam 1945 nach Kopenhagen, wo es noch heute steht.

Bild: Die Waldstraße (heute Altdorfer Straße) um 1910. Hier befand sich der Eingang zur ”Haupt-Kadetten-Anstalt“. In der Mitte des Bildes die 52,50 Meter hohe Kuppel über der Kirche im Direktionsgebäude.

Die Waldstraße (heute Altdorfer Straße) um 1910. Hier befand sich der Eingang zur ”Haupt-Kadetten-Anstalt“. In der Mitte des Bildes die 52,50 Meter hohe Kuppel über der Kirche im Direktionsgebäude.

Bild: 1881 wurde die erste elektrische Straßenbahn der Welt vom Bahnhof Lichterfelde-Ost zur Kadettenanstalt in Betrieb genommen.

1881 wurde die erste elektrische Straßenbahn der Welt vom Bahnhof Lichterfelde-Ost zur Kadettenanstalt in Betrieb genommen.