Anfang August 1878 zogen die ersten 880 Kadetten, zwischen 14 und 17 Jahre alt, in die Preußische Hauptkadettenanstalt ein. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wuchs die Zahl der Kadetten stetig. 1887 waren es schon 960 und ab 1891 befanden sich sogar zehn Kompanien, also 1 100 Kadetten, auf dem Gelände.
Der Tagesablauf war streng geregelt: 5.30 Uhr aufstehen, frühstücken, Frühsport und Morgenandacht. Danach Schulunterricht in den Fächern Militärwissenschaften, Mathematik, Geographie, Geschichte, Deutsch, Französisch, Latein, Physik und Kunst. Nachmittags fand die militärische und sportliche Ausbildung statt. 22.00 Uhr war Bettruhe.
Das Unterrichtsprogramm der Kadettenanstalt entsprach dem eines Realgymnasiums, das nach der Oberprima mit dem Abitur abgeschlossen werden konnte. Die meisten Kadetten der oberen Klassen legten gleichzeitig das Offiziersexamen ab, andere beendeten ihre schulische Laufbahn nach der Obersekunda mit dem Fähnrichsexamen. In dieser Form bestand die Kadettenanstalt bis zu ihrer Auflösung am 9. März 1920.
Blick auf einen der zwei großen Innenhöfe, die zu Exerzierzwecken genutzt wurden: Kadetten bei einer Vorparade am 31. Mai 1906.
Als nach dem Ersten Weltkrieg alle vormilitärischen Einrichtungen gemäß dem Versailler Vertrag geschlossen werden mussten, waren für die ehemalige Hauptkadettenanstalt unterschiedliche Nutzungen im Gespräch. Während sich das Reichskolonialamt für die Ansiedlung des 1919 gegründeten Reichsarchivs aussprach, plädierten Bürgermeister und Gemeinde von Berlin-Lichterfelde für die Umwandlung in eine zivile Erziehungsanstalt. 20 Tage nach Schließung der Hauptkadettenanstalt wurde durch einen Erlass der Regierung die Umwandlung in eine Staatliche Bildungsanstalt (Stabila) verfügt. Der Lehrplan als Realgymnasium blieb bestehen - bisherige Kadetten konnten so ihre Ausbildung bis zum Abitur fortsetzen.
Der Übergang zur zivilen Einrichtung ging nicht ohne Probleme vonstatten. Als der erste Schuldirektor Oberstudienrat Dr. Fritz Karsen, ein bekannter Schulreformer, begann, eine demokratisch geprägte Erziehung in Lichterfelde einzuführen, stieß er auf den Widerstand der vorwiegend militärisch-konservativ geprägten Schülerschaft.
Auszug eines Stadtplans von Berlin aus dem Jahr 1932. Die Stabila wurde 1929 zu Ehren des Schuldirektors in "Hans-Richert-Schule" umbenannt. Die heutige Finckensteinallee hieß damals Zehlendorfer Straße.
Bereits nach der Eröffnungsfeier am 5. Mai 1920 hatten ehemalige Kadetten die neu gehisste schwarz-rot-goldene Flagge zu entfernen versucht. Sie führten auch weiterhin selbständig Exerzierübungen und Appelle durch und rebellierten gegen den Beschluss der Schulleitung zur Auflösung der Kompanien und Änderung der Stubenbelegung. Karsen musste nach nur drei Monaten zurücktreten. Der neue kommissarische Leiter, Studiendirektor Geheimrat Hartung, gestand den Schülern die vorherige Selbstverwaltung im Internat wieder zu.
Obwohl neben dem Realgymnasium auch eine Oberrealschule an das Internat angeschlossen war, sank die Zahl der Zöglinge. Das Schuljahr 1920/21 wurde mit nur 300 Internatsund 39 Gastschülern eröffnet.
1922 übernahm Hans Richert die Leitung der Schule. Er führte die Reformen Karsens weiter und veranlasste, den großen Speisesaal zu schließen und die Mahlzeiten in kleineren Speiseräumen einzunehmen. 1929 wurde die Stabila zu Ehren des Schuldirektors in "Hans-Richert-Schule, Staatliche Bildungsanstalt Berlin-Lichterfelde" umbenannt.
Durch den starken Rückgang der Schülerschaft standen die beiden östlichen Kasernenflügel leer. In diesen Flügeln waren seit den 1920er-Jahren das Provinzialschulkollegium und eine Gruppe der Berliner Bereitschaftspolizei untergebracht. Sie verließen das Gelände 1933.